Katja Ebstein hat recht: Wunder gibt es immer wieder. Über eines dieser Wunder, oder, um die Sache aus der esoterischen Umklammerung gleich Anfangs zu befreien, eine ganz wunderbare Kunstaktion geht es in dem ebenso leidenschaftlich, wie gut geschriebenen und von Inge Uffelmann hervvorragend übersetzten Buch „Shakespeare in Kabul“. Stephen Landrigan und Qais Akbar Omar schildern den mühsamen, aufregenden und enthusiastischen Versuch, nach den Jahren der klerikalen Schreckensherrschaft der Taliban, Shakespeare mit einheimischen Schauspielern in Afghanistan auf die Bühne zu bringen. Alles, was an Kultur und Kunst über die lange und reiche Geschichte des Landes sich entwickelt hatte, was seit mehr als zweitausend Jahren das Land und seine Völker prägte, hatten die Taliban zerschlagen. Dazu gehören nicht nur die historischen und ersetzlichen Buddhaskulpturen von Bamiyan, sondern auch Theater, Musik, Malerei und Literatur.
Nun also soll ein neuer Anfang auf den Brettern, die in der Tat die Welt bedeuten, gemacht gewerden. Welche Hindernisse es gibt, wie knifflig die Auswahl des Stückes ist – denn es steht nur fest: Shakespeare soll es sein, aber nicht, ob Tragödie oder Kommödie – und wie das Leben in einem immer noch von einem rigerosen Islam geprägten Land auf die Akteure wirkt: Die Autoren schaffen es, den Leser mitzunehmen zu den Orten, schaffen es ihn in die Situationen eintauchen zu lassen.
Das Buch erzählt von Angst und begründeter Furcht, von Schicksalen und Schicksalsergebenheit, von Widersetzlichkeit und der Liebe zum Theater, zur „dritten Luft“. Ein hinreißendes Buch, ein Buch, welches uns mehr zu bieten hat, als einen Bericht, nämlich ein Lehrstück: Es kann uns zeigen, was wir verteidigen müssen. Die Freiheit der Kunst nämlich, die Freiheit des Wortes und die Freiheit der Religion.
Eine Reise durch die Zeit ist dieses Buch, denn es kann ja gar nicht auskommen ohne Rückbesinnung auf Traditionen, auf Zeiten, auf die Herrschaft der Taliban ebenso, wie auf die Zeit, als die Rote Armee eine sozialistische Regierung stützte.
Unbedingt empfehlenswert
Shakespeare in Kabul, Stephen Landrigan und Qais Akbar Omar
Unionsverlag € 21,95