Nachruf: Im Alter von 92 Jahren starb der Romancier, Dramatiker, Essayist und Homo Politicus Werner Heiduczek

von Regine Möbius

Berlin: Mit Werner Heiduczek verlässt einer der letzten Kronzeugen des Aufblühens und Vergehens der DDR Literatur einen geistigen Ort. Mit ihm verlieren wir einen wegweisenden und bedeutenden Schriftsteller. Wir sprechen von einem Werk, das zu den großen und wichtigen der deutschen Literatur zählt und in einer Breite und Vielgestaltigkeit angelegt ist, die fasziniert. „Jana und der kleine Stern“ verzauberten Kinder, Heranwachsende entdeckten berührt „Das verschenkte Weinen“, später „Mark Aurel oder ein Semester Zärtlichkeit“, dann „Abschied von den Engeln“ und waren beeindruckt von dem schnell in der DDR unerwünschten Roman „Tod am Meer“. Ob Märchen, Stücke, Romane oder politisch-philosophische Essays – Heiduczek war ein kritischer Zeitgeist und Erzählkünstler. Im Gespräch fesselte er mit Scharfsinn bei gleichzeitiger Gelassenheit. Sein Blick auf Mitmenschen, auf Kollegen hatte in seiner Größe eine philosophische Dimension. Die Offenheit im Umgang mit der eigenen Biographie spiegelt sich beeindruckend in der Autobiographie „Die Schatten meiner Toten“ aus dem Jahr 2006.

Von sich selbst sagte er:
„Als die Weimarer Republik starb, war ich ein Kind.
Als das tausendjährige Reich starb, war ich ein Jüngling.
Als der Sozialismus starb, war ich ein Mann.
Und wenn das nun kommende stirbt, werde ich schon nicht mehr sein….“

Er war seit 1960 Mitglied des Schriftstellerverbandes der DDR; seit 1990 gehörte er dem Verband Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller VS in ver.di an, dessen erweiterte Strukturen er maßgeblich mit beförderte, ebenso dem PEN-Zentrum Deutschland und seit 1992 der Freien Akademie der Künste zu Leipzig.

Zu seinen Preisen zählen u.a. 1969 der Heinrich-Mann-Preis und der Händel-Preis der Stadt Halle/Saale, 1976 der Kunstpreis der Stadt Leipzig, 1988 der Alex-Wedding-Preis, 1995 der Eichendorff-Literaturpreis der Stadt Wangen im Allgäu sowie 1999 das Bundesverdienstkreuz am Bande.

Die ver.di-Bundesbeauftragten für Kunst und Kultur, Regine Möbius, die von Werner Heiduczek vor fast drei Jahrzehnten angeregt wurde, die VS-Strukturen im sächsischen Raum zu etablieren und zu leiten, verliert mit ihm einen wichtigen Freund. Zusammen mit dem Bundesvorstand des Verbandes Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller VS, spricht sie der Lebenspartnerin Frau Traudel Thalheim und den Familien der Töchter Werner Heiduczeks herzliches Mitgefühl und tief empfundenes Beileid aus.

 

Foto: Bundesarchiv, Bild 183-G0705-0017-001 / Kluge, Wolfgang / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)]