Sotschecks Reportagen zwischen Bloody Sunday und Brexit
Ich muss vorweg gestehen – ich gehören trotz aller Kritik seit mehren Jahrzehnten zu den regelmäßigen taz-Leser_innen. Ein wichtiger Grund hierfür sind u.a. die lesenswerten Irland-Beiträge von Ralf Sotscheck. Ein Teil seiner Irland-Beiträge wurde nun beim Verlag Reiffer gesammelt veröffentlicht. In vier Abschnitte – „Troubles“, „Brexit“, „Protagonisten“ und „Schauplätze“ – sind seine insgesamt 22 Reportagen eingeteilt. Ausgangspunkt dieser Reportagen sind stets konkrete Menschen und ihr Leben. Diese Geschichten bieten einen sehr guten Einblick in die Gesellschaft Nordirlands und ihre jüngere Geschichte – auch wenn man sich sicherlich fragen kann, inwiefern Sotschecks Blick auch z.T. durch seinen eigenen familiären Background, d.h. konkret irisch-katholische Schwiegereltern, ein Stück weit determiniert wird. Es scheint schon an der einen oder anderen Stelle durch, auf wessen Seite beim Konflikt er sich verortet. Sotscheck selber war auch zeitweilig Redaktionsmitglied der „Irland Informationen“, die man früher in den einschlägigen linken Infoläden beziehen konnte. Mit diesem Wissen im Hinterkopf kann man diese Sammlung Erkenntnisgewinn-bringend lesen. Allerdings wäre es hier auch gut gewesen, das Erscheinungsdatum jener Beiträge zu benennen, um die Ereignisse als Leser_in zeitgeschichtlich besser einordnen zu können.
Der Journalist Dietrich Schulze-Marmeling (u.a. „ak – analyse & kritik“) hat ein Vorwort zur Sammlung beigesteuert. Für die Illustration sorgen s/w-Fotoaufnahmen von Derek Speirs, einem in Dublin geborenen Fotojournalisten. Eine pointierte Chronologie der Zeit von 1922 bis 2022 sowie ein Schlagwortregister runden das Buch ab. Empfehlenswerte Publikation.
Maurice Schuhmann