Das PEN1-Zentrum Deutschland hat in Hamburg getagt. Und die Tagung, samt den
Tagen vorher und danach war ein voller Erfolg.
Eine Vielzahl von Lesungen und Diskussionen bildeten das Programm um die Jahrestagung des vor einhundert Jahren gegründeten PEN-Zentrums. Es lasen sowohl deutsche Autorinnen und Autoren, als auch die sogenannten Stipendiatinnen und Stipendiaten, Exilanten, die mit Mitteln der Beauftragten für Kultur und Medien bei der Bundesregierung durch das PEN-Zentrum betreut werden. Die vornehmliche und die vornehmste Aufgabe der PEN-Zentrum weltweit, es gibt ihrer gut einhundertvierzig, ist der Kampf für die Freiheit des Wortes, für eine friedliche Konfliktlösung und für Verständigung. Wer über die Welt schreibt, soll sie erhalten und nicht zu ihrer Zerstörung beitragen.
Die heftigen Streitigkeiten, die zur Spaltung auf der Gothaer Tagung 2022 führten, spielten keine Rolle mehr, obwohl ein Brief mit klarem Absender und anonymisierter Empfängerschaft Anlass dazu gab, noch einmal zu bekräftigen, dass Streit willkommen sei, aber eben nicht Heimlichtuerei und Heckenschützentum. Der Brief des Mitgliedes Gabriele Gillen wollte Rauch produzieren, weil, wie der oft dumm daherschwatzende Volksmund sagt, dort auch Feuer sei. Aber es rauchte nichts. Wenn man von der Süddeutschen Zeitung absieht, die sofort auf die Gothaer Tagung zurückgriff und den damaligen Streit in der gesellschaftlichen Debatte um die Waffenhilfe für die Ukraine vermutete: Ein völlig falsche Fehlinterpretation. Es ging um Mobbing und Hinterrede. Just wie es mit dem Brief nun wieder versucht wurde.
Der Harmonie tat das keinen Abbruch. Einstimmig wurde ein Unvereinbarkeitsbeschluss zur AfD hin verabschiedet, einmütig auch war die Solidaritätserklärung an Israel und die Juden weltweit. In der Presseerklärung des PEN-Zentrums heißt es dazu: „Pressemitteilung, Hamburg, 22. Juni 2024. Auf der Mitgliederversammlung des PEN-Zentrums Deutschland am 21.6. in der Patriotischen Gesellschaft Hamburg haben die Mitglieder der Schriftstellervereinigung eine Resolution verabschiedet, in der sich die Autorinnen und Autoren beruhend auf der Charta des PEN International klar gegen jede Form des Antisemitismus aussprechen und zum Existenzrecht Israels bekennen. Der brutale Überfall von Hamas-Terroristen am 7. Oktober 2023, das gezielte Töten von Zivilisten und das Verschleppen von über hundert Geiseln markiert eine Zäsur in der konfliktreichen Geschichte der Region. Dieser Konflikt breitet sich zunehmend auch in Deutschland aus, indem offener Antisemitismus in der Gesellschaft spürbar wird und Stimmen laut werden, die das Existenzrecht Israels infrage stellen. „Es ist nicht hinnehmbar, dass in unserem Land erneut Menschen jüdischen Glaubens und ihre Einrichtungen angegriffen werden. Jüdinnen und Juden müssen ihre Religion frei ausüben und in Sicherheit leben können“, so Astrid Vehstedt, Vizepräsidentin und Writers-in-Exile-Beauftragte des deutschen PEN.“
Auf der Tagung selbst, am Freitag, übermittelte Leander Sukov, der Präsident des neugegründeten Niederdeutsch-Friesischen PEN-Zentrums seine Grüße. Das Sprachen-Zentrum hat seinen Sitz in Hamburg. Am Samstag gab es ein Grußwort des Berliner PEN-Zentrums, eben jener 22er Abspaltung. Das war eine gute Geste, die darauf hoffen lässt, dass man sich auf einen Neuanfang hinbewegt. Während der Berliner PEN, als deutsches PEN-Zentrum, im gleichen Territorium wie das Deutsche PEN-Zentrum tätig ist, ist der Niederdeutsch-Friesische PEN kein nationalstaatliches Zentrum, sondern vertritt die Literatur der 8 Millionen Sprecher aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, den USA und Brasilien.
Die Hamburger Tagung, die eine besondere Strahlkraft durch das hundertste Jubiläum bekommen hat, hat mehr noch als die Tagung in Tübingen gezeigt: Der Vorstand um den Präsidenten José Oliver und Michael Landgraf hat es verstanden, das dümpelnde Dampfschiff PEN Deutschland wieder auf volle Fahrt zu bringen.
In einer Zeit, in der die Verfolgungen von Künstlern, Schriftstellern und Intellektuellen weltweit zunimmt, in der die Zahl der Demokratien abnimmt, ist es notwendiger denn je, dass es funktionierende Organisationen wie das deutsche PEN-Zentrum gibt.
1 PEN bedeutet Poets, Essayist and Novellist (Lyriker, Essayisten und Romananciers)