14. Juli: Vom Sturm auf die Bastille zur Republik
Der Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 gilt als das initiale Ereignis für die französische Revolution und als Geburtsstunde der Moderne. Nüchtern betrachtet war dies zwar keine große Heldentat, ein lediglich mit Invaliden als Wachen bestücktes Gefängnis, indem zum Zeitpunkt es Sturms lediglich sieben Häftlinge – alles Aristokraten – einsassen, zu stürmen, aber als symbolischer Akt war und ist es von großer Bedeutung. Jenes Ereignis bildet das Fundament für ein bildgewaltiges Panorama, das der französische Autor und Filmemacher Eric Vuillard, der bereits eine Reihe anderer historischer Stoffe – nicht nur europäischer Natur – literarisch aufgegriffen hat, in seinem Roman 14. Juli zeichnet.
„Es heißt, an diesem Tag hätten sich nahezu zweihunderttausend Menschen um das Ungetüm versammelt – die Hälfte der Stadt, abzüglich der Neugeborenen, Greise und Kranke; das bedeutet, dass alle dort sind. Es muss eine großartige Menge sein, fast eine Gesamtheit. […] Die Situation ist gänzlich neu, ohne Beispiel in den Annalen. Am 14. Juli heißt der Belagerer der Bastille Paris.“ (S. 48; 49).
In 18 Kapiteln bereitet Vuillard in Form von Momentaufnahmen ein Panorama der Revolution – beginnend bei der Vorgeschichte.
„So begann am 28. April 1789 die Revolution: Man plünderte das schöne Anwesen, man zertrümmerte die Scheiben, riss die Baldachine von den Betten und schlitzte die Wandbespannungen auf. Alles wurde kurz und klein geschlagen.“ (S. 10).
Es ist eine wunderbare Hommage an die Revolution – ohne all zuviel revolutionären Pathos.
Eine Kleinigkeit, die auffällt, ist die einmalige Verwendung des Begriffs „Intifada“ – „so beginnt die Intifada der kleinen Händler“ (S. 31). Er wirkt in diesem Kontext völlig fehl am Platze – bzw. im deutschsprachigen Raum mit dem Nahostkonflikt assoziiert. Ebenso vermisse ich natürlich eine Erwähnung des Marquis de Sade, der bereits am 2. Juli 1789 das Volk von Paris aus seiner Zelle heraus aufforderte, die Bastille zu stürmen, was zu einer zeitnahen Verlegung in die Irrenanstalt von Charenton führte, wo ihn die revolutionäre erst zu Ostern 1790 befreiten.
Neben diesem Roman liegen vier weitere Übersetzungen beim Matthes & Seitz-Verlag vor.
Maurice Schuhmann
Eric Vuillard: 14. Juli, Matthes & Seitz Berlin 2019, ISBN: 978-3-95757-519-7, 134 S., Preis: 18€. (Link)