Bei Klett-Cotta ist ein Werk über die „Städte der klassischen Welt“ erschienen. Ein ganz wunderbares Buch in gleich doppelter Hinsicht. Es ist buchbinderisch, mit der Wahl der Typographie und der klaren, unaufgeregten Gestaltung des Umschlages eines jener Bücher, die man schon deshalb gerne in der heimischen Bibliothek haben möchte, weil sie so schön sind: Halbleinen, graphisch auf höchstem Niveau.
Aber natürlich geht es hier nur in zweiter Linie um die optische und haptische Gestaltung von Büchern. Vorrangig soll(te) es uns um die Inhalte gehen und auch da ist das Buch von makelloser Art. Colin McEvedy (+2005), war Psychoanalytiker, Historiker und Demograph. Seine klare Sprache, die Susanne Held hervorragend aus dem Englischen ins Deutsche übertragen hat, seine journalistische und berichtende Art zu schreiben, schafft es in der Tat uns ein Reisehandbuch für die Zeitreise in die klassische Antike in die Hand zu geben.
Einhundertzwanzig Zentren der Antike schildert McEvedy auf 624 Seiten. Von Alexandria bis Xanten schildert er uns die Entwicklung der Städte, ihren Aufbau, allerlei Begebenheiten, und natürlich räumt er mit einigen Mythen auf. So beschäftigt er sich mit der geradezu unglaublichen – im Wortsinne – Bevölkerungszahl des alten Roms, die einige aufgeregte Historiker auf die schwindelerregende Höhe von einer Million Bewohner geschraubt haben. Allerdings, lernt man bei McEvedy kaum widerlegbar, dass für diese Anzahl Römer gar kein Platz gewesen wäre und man sich besser mit der Annahme, es hätten zweihunderttausend Menschen zu Hochzeiten die Stadt bevölkert.
Die Fakten, die der Autor für die vielen Städte zusammenträgt, sind nicht neu, aber es ist sein Verdienst sie gebündelt und verdichtet zu haben. Seine Interpretationen sind allesamt stimmig und oft bleibt ja mehr nicht als die Interpretation, weil Quellenmaterial fehlt oder aber kolportageartig daher kommt. McEvedy schafft so einen Überblick, der auch die Verwandtschaft von Städtebau rund um das Mittelmeer aufzeigt und sich mit Blüte und Niedergang der Städte beschäftigt.
Da werden weder die römischen Gründungen in Deutschland, Frankreich und England vergessen, als auch nicht jene der Griechen und Phönizier.
Selbstverständlich nehmen die drei großen Städte der klassischen Antike den meisten Raum ein: Alexandria, Athen und Rom. Allerdings kommen auch Paris, London oder Köln nicht zu kurz, werden Palmyra und Jerusalem angemessen geschildert.
Man kann, so wie ich, dass Buch ohne Hast an einem Wochenende lesen, man kann dabei, ich tat es auch, springen, kann sich die persönlichen Rosinen herauspicken und vielleicht ist es angemessen, das Buch zur nächsten Reise nach Rom, Verona, Jerusalem oder London im Gepäck zu haben. Es ist ja ein Reiseführer. Da wir bedauerlicher Weise aber nicht in der Zeit zurückspringen können, werden wir uns dann mit den verbliebenen Monumenten begnügen müssen. Die klassische Stimmung dazu erzeugt das Buch wie von Zauberhand.
Empfehlung: Unbedingt kaufen!
Colin McEvedy: Städte der klassischen Welt | Klett-Cotta | ISBN -978-3-608-94771-7 | 29,95 €