Autor: Redaktion

Kohle und Sarrazin

thumb_brennende_steinkohle01Leute bringt Kohlen mit!

Der Berliner Senator Sarrazin ist bekannt für seine merkwürdigen (ja, ja, man soll sich das merken!) Ansichten über Kosten und Armut, die Einkaufszettel der Hartz-IV-Opfer und nun für seine Ideen, die Berliner an winterliche Kälte zu gewöhnen. Sozusagen, ein sarrazinscher Abhärtungskurs für die Stadt.

Da nicht nur in den heimischen vier Wänden mit Kälte zu rechnen ist, heißt es sich darauf einzustellen, dass auch die Theater kalt bleiben. Jedenfalls findet Sarrazin Temperaturen von um die 15 Grad für ausreichend hoch – nicht nur zu Hause, nein auch in Büros. Und da wird es nicht ausbleiben, dass in jenen Theatern, in denen die Spitzenpolitiker der Partei der Linken und der SPD nicht verkehren, auch die Temperaturen sinken werden. Denn wo die Kulturförderung schon jetzt mies ist, bleibt nichts für die steigenden Energiekosten.

Offenbar hat Sarrazin einen Hang zur unmittelbaren Zeit nach dem
Zweiten Weltkrieg. Nicht nur, was die Kalorienversorgung angeht,
sondern auch hinsichtlich der Temperaturen. Und wenn die Preise für
Enerigie weiterhin so steigen, wie bisher, ist auch der Gefrierpunkt
leicht zu erreichen.

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Sammeln für ein Plagiat

thumb_stamp_pdrBerliner sollen für einen Palast spenden 

Die Kulturpolitik des Berliner Senats hat schon seit Jahren die Marotte, so zu tun, als würde Ephraim Kishon, der berühmte israelische Satiriker die Anleitung geschrieben haben. Nun aber ist sie vollends beim "Blaumilchkanal" angekommen.

War es in dem Stück Kishons noch eine ausgebrochener Irrer mit dem Fetisch, aus Tel Aviv ein zweites Venedig machen zu wollen, so braucht der Berliner Senat keine Dritten um seine Arbeit zu tun. Es geht auch nicht darum, den Ku'damm oder "Unter den Linden" in Kanäle zu verwandeln. Nein, es geht um ein Schloß. Das heißt, ganz eigentlich geht es um das Plagiat eines Schlosses: Des Berliner Stadtschlosses nämlich, welches an Stelle des aus politischen Asbestgründen abgerissenen Republikpalastes nun eines der Wahrzeichen der deutschen Hauptstadt werden sollen.

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Der Harem.

thumb_harembuchVerklärte Bilder wilder Orgien

Seit jeher beflügelt die (europäische) Vorstellung vom orientalischen Harem die erotischen Phantasien von Schriftstellern. Vor dem innere Augen des unbedarften europäischen Mannes tauchen Bilder von wilden Orgien, die immer wieder in der erotischen Literatur des 18. und 19. Jahrhunderts ihren Widerhall finden, und sinnliche Liebesaffären auf.
Der promovierte Literaturwissenschaftler und Autor Peter Prange und die promovierte Orientalistin Agnes Imhof haben sich dem Mythos des Harems über eine Auswahl von Literatur angenähert. 16 Auszüge aus Erzählungen, die jeweils von Agnes Imhof mit einer Einleitung versehen wurden, finden sich in dem Sammelband und verdeutlichen die Bandbreite zwischen romantisch-verklärter Sicht des Harems und der ins pornographisch  abzugleiten drohenden männlichen Phantasie.

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Spieler wie wir

thumb_spielerwiewiranais2Geschickt integriert

Ein großer Teil moderner sadomasochistischer Literatur krankt daran, daß die Autoren (meist sind es Männer) entweder ihre letzte Session nacherzählen oder sich zu mehr oder weniger stark abgewandelten Adoptionen des Klassikers „Geschichte der O“ hinreißen lassen.

Diese Fettnäpfchen umgeht die Autorin Cornelia geschickt. Integriert in einen alltäglichen Plot des Berliner Studentenlebens integriert erzählt die Autorin Cornelia Jönsson in ihrem Debütroman „Spieler wie wir“, der den Auftakt einer Trilogie darstellt, die Geschichte von Paula und Franzi, die in einer gemeinsamen WG in Berlin wohnen und gerade beginnen, ihre sexuellen Vorlieben zu entdecken. Dabei entwirft Jönsson eine komplizierte Dreiecks-Beziehung – ihre Protagonistin unterwirft sich Paula Ann, deren Freund eifersüchtig wird und die auf eine ungesunde Basis hinausläuft.

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Erzähl allen, allen von mir

thumb_9783426274378.jpg.3965738Das schöne kurze Leben der Libertas Schulze-Boysen

Silke Kettelhake hat, legt man literarische Kriterien an, ein gutes Buch geschrieben. Die gelernte Journalistin hat sich mit diesem Buch über Libertas Schulze-Boysen an ein Thema gewagt, welches über die Person im Fokus des Werkes hinausragt und sie hat es hinsichtlich des schriftstellerischen Wertes ordentlich gemacht.

Und dennoch: Das Buch verharrt in einer, ganz unerklärlichen, unpolitischen Position. Es scheint der postmoderne Versuch zu sein, sich politischen Entscheidungen, die ja immerhin auch die Entscheidungen über den eigenen Tod waren, zu nähern ohne die Determinanten über das bloße individuelle Empfinden hinaus auch zu benennen. Streckenweise erinnerte mich das Buch an die Gespräche, die an den Kaffeetafeln meiner Großeltern und meiner Mutter über die "schwere Zeit" geführt wurden. Anekdoten und Kolportagen – ohne Zustandsberichte.

Das ist schade, denn die Akkribie, die Silke Kettelhake auf dieses Buch verwendet hat (es gibt viele Briefe, Fotos und Lebensdaten), hätte es vermocht, auch den Zustand Deutschlands unter der faschistischen Regierung so zu beleuchten, dass seine Schilderung eben nicht individualisierend wirkt. Und mit ihrem Gefühl für die Sprache, wäre es allemal gelungen, ohne kalt und pädagogisch zu werden.

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Gestrandet

thumb_gestrandetDie Traurigkeit des armen Lebens

Youssouf Amine Elalamy hat ein Buch geschrieben, dessen Sprache – zumindest in der deutschen Übersetzung – gewöhnungsbedürftig ist, wie auch die Art der mosaikartigen Darstellung. Beides jedoch tut dem Lesen keinen Abbruch. Auch, wenn von „Genuss“ zu sprechen dem Inhalt des Buches Unrecht täte. Denn Genuss soll nicht aufkommen. Das Buch eignet sich nicht für gemütliche Leseabende im Ohrensessel bei Rotwein und Käse. Das Buch ist nicht für die Wohnzimmer der allgegenwärtigen Studienratskaste geschrieben. Es ist ein hartes Buch, brutal manchmal, wirklich, und die Wörter brennen.


Zurecht ist es mit dem Prix Grand Atlas Maroc ausgezeichnet; zurecht loben es die Kollegen vom Le Nouvel Observateur. Denn es ist nicht nur ein durchweg literarisches Buch, sondern auch ein wichtiges.

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Happy Bissday

thumb_21096Postmoderne Vampire

Seit den 70er Jahren hat die postmoderne Beliebigkeit auch im Vampir-Genre ausgebreitet – nicht unbedingt zur Freude von Fans des klassischen Genres. Beim gemeinsamen Kampf von Vampiren und Menschen gegen das Böse oder die Anreicherung des Plots durch die Einbeziehung anderer Fantasie- und Märchengestalten kann man als traditioneller Fan nur mit dem Kopf schütteln. Auch in der vorliegenden Sammlung „Happy Bissday“, in der sich Autoren Stories rund um die Verbindung von Vampirismus und Geburtstagen, d.h. letztendlich eine Verbindung der Pole „Leben“ und „Tod“.

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Frühling und so

thumb_fruehlingundsoanais1_158Badewannenstöpsel

Um den Debütroman „Frühling und so“ von Rebecca Martin als lesbar zu empfinden, muss man entweder im Alter von 13, 14 sein und noch mit hochrotem Kopf die Rubrik „Sex, Liebe und Zärtlichkeit“ in der Bravo lesen können, einen ausgeprägten Lolitafetisch für pubertierende Biester haben oder muss zumindest sich noch in einen solchen Zustand zurückversetzen können. Bei mir trifft leider nichts davon zu.

Seicht – lediglich von einigen belustigenden Stilblüten unterbrochen („Der Sex ist wie der Badewannstöpsel, um alle Lust wieder entweichen zu lassen.“, S. 108 ) – plätschert die Geschichte von ihrer Protagonistin Raquel daher – zwischen Yogitee, gelegentlichem Sex und harmlosen Teenieparties. Sie berichtet oberflächlich über ihre erste Liebe, den ersten sexuellen Kontakt und sehr ausführlich über ihre kulinarischen Vorlieben. „Ich weiss nicht, wonach ich suche. Aaron hält meinen Kopf in seinen beiden Händen, stöhnt leise. Ich blase ihm einen, mein Kiefer schmerzt, und ich frage mich, was ich überhaupt hier unten suche.“ (S. 151). Solche Passagen sind weder besonders erotisch, noch besitzen sie in der heutigen Zeit einen schockierenden Aspekt.

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Michel in der Antike

thumb_250px-auguste_rodin_-_grubleren_2005-02Anja Trebbin: Michel Foucaults Weg in die Antike

Anja Trebbin ist in ihrer Arbeit „Michel Foucaults Weg in die Antike“ – einer überarbeiteten Fassung ihrer als Magisterarbeit am Fachbereich Philosophie eingereichten Analyse  – der Frage nach Kontinuität und Bruch im Werke des französischen Philosophen Michel Foucault (1926-1984) nachgegangen. Ihr Fokus liegt dabei auf dem Zeitraum zwischen der Veröffentlichung von „Wille zum Wissen“ (1976) und dem Nachfolgeband „Der Gebrauch der Lüste“ (1983), die in ihrer Konzeption und Thematik häufig als ein Bruch im Denken Foucaults gedeutet werden, obwohl sie ursprünglich beide als Teil einer sechbändigen Reihe unter der Überschrift „Sexualität und Wahrheit“ geplant waren. Die konkrete Bruchstelle ist die Fokussierung der beiden Bände; es war die ursprüngliche These Foucaults, daß das Subjekt durch die äußere Macht und den Diskurs konstituiert wird, während er im zweiten Band auf die Techniken der Selbstdisziplinierung setzt und analysiert, die er anhand von Beispielen aus der römisch-hellenistischen Antike belegt.

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Maurice Blanchot

thumb_blanchotMaurice Blanchot: Die uneingestandene Gemeinschaft.

Mit einem Nachwort von Gerd Bergfleth

In Deutschland ist der französische Literat und Philosoph Maurice Blanchot (1907-2003) bislang kaum außerhalb des akademischen Kontextes rezepiert worden. In Frankreich zählt er zu den größten Denkern des Landes, dessen Einfluß auf Denker wie Jean-Luc Nancy, Michel Foucault, Jacques Derrida und Gilles Deleuze maßgeblich war. Die vorliegende Schrift „Die uneingestandene Gemeinschaft“ ist erstmals 1983 in Frankreich erschienen und liegt nun auch endlich in deutscher Sprache vor.

Sein Essay gliedert sich in zwei Teile  – „Die negative Gemeinschaft“ und „Die Gemeinschaft der Liebenden“. Der erste Teil seiner Arbeit bezieht sich auf Jean-Luc Nancys „Die undarstellbare Gemeinschaft“ (Edition Patricia Schwarz Stuttgart 1988) – und der zweite Teil bezieht sich auf Marguerite Duras‘ „Die Krankheit Tod“ (Fischer Verlag, Frankfurt / M. 1985).

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In Leder gebunden

thumb_548_0In Leder gebunden
"SM in der Weltliteratur"

Großspurig erklärt Arne Hoffmann in seiner Studie „In Leder gebunden. SM in der Weltliteratur“ als Ziel der Arbeit einen Baustein für eine sadomasochistische Literaturtheorie – äquivalent zu einer homosexuellen – beisteuern zu wollen. Leider bleibt es bei der hochtrabenden Willensbekundung, da der Rest seine Studie sich weitestgehend als eine Zusammenstellung von Textauszügen vom Minnesang des Mittelalters bis modernen SM-Romanen handelt, auf die er durch zwei literaturwissenschaftliche Aufsätze gestossen ist und die er auch nur sehr oberflächlich kommentiert – statt sie zu analysieren. Neben den klassischen Autoren des Metiers wie Marquis de Sade und Sacher-Masoch finden sich so z.B. Frank Wedekind und Franz Kafka.

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Robert Halbach: Der Rebell Anarchik

articlesRobert Halbach: Der Rebell Anarchik!


Weshalb schwingen die Anarchisten eine schwarze Fahne?

„In tiefer Nacht, wenn das Licht der Laternen die dunklen Winkel nicht mehr erreicht, und die Fassaden lange Schatten werfen, gehen mysteriöse, schreckliche Dinge vor. Durch die schlafende Stadt huschen schwarzgekleidete Gestalten mit tief in die fanatischen Fratzen gezogenen Schlapphüten und dämonischen Sturmhauben. Sie unterminieren das friedliche Gemeinwesen, verstecken gefährliches Material und schreiben ihr schwarzes Menetekel an die Mauern.

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„Wovon man nicht sprechen kann,…“

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SM-Erzählungen für angehende Philosophinnen und Adorno-Angeber

Na endlich: Wieder eine Publikation, die frivol-erotisch-sinnliche SM-Fantasien auf höchst anspruchsvollem Niveau verspricht. Die Publikation sind im Grunde genommen gleich drei. „Stahl auf der Haut“, „Eine Reise für Marie“ und „Der Gedanke“ heißen die Erzählungen der Berlinerin Anouk S., die hier unter dem Titel „Der Gedanke“ zusammengefasst wurden. Gemeinsamkeiten sind auch nicht zu leugnen; alle drei Erzählungen drehen sich um sadomasochistische Erotik, laut Buchhandel empfohlen für Leserinnen und Leser ab 16. Ab 16 ist für einen Horrorfilm ja das ultimative Todesurteil, wirklich Spaß macht's nunmal nur ohne Jugendfreigabe. Von Pornos ganz zu schweigen. Aber „Der Gedanke“ möchte schließlich nicht pornographisch sein, sondern Belletristik, so scheint's. Und so dürfte diese Altersbeschränkung die Zielgruppe nicht wirklich stören.

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Fatal ist mir das Lumpenpack,
das, um die Herzen zu rühren,
den Patriotismus trägt zur Schau,
mit allen seinen Geschwüren.

Heinrich Heine
Wintermärchen, 1844

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